Das Berner Münster war bis auf den letzten Platz gefüllt. Foto: Christoph Knoch

Ökumenische Vesper in Bern appelliert an gemeinsame Verantwortung

Am Sonntag (1.6.) feierten Gläubige verschiedener Kirchen im Berner Münster eine Vesper. Anlass war die Erinnerung an das Konzil von Nizäa vor 1700 Jahren.

 

Theresia Mühlemann und Christoph Knoch

In diesem Jahr wird auf der ganzen Welt das Jubiläum des ersten Konzils von Nizäa gefeiert, wo das sogenannte nizäische Glaubensbekenntnisses entstand. Die Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen in der Schweiz (AGCK) organisierte darum am Sonntag, 1. Juni, eine ökumenische Vesper im Münster in Bern. Den Organisator:innen gelang es nicht nur, das gesamte Kirchenschiff bis auf die hintersten Bänke zu füllen. Sie schafften es auch, Vertreter:innen aller christlichen Konfessionen, die in der Schweiz präsent sind, als Mitwirkende zu gewinnen.

 

Die Vesperfeier zelebrierten Florian Schubert, evangelisch-reformierter Pfarrer in Neuenburg und Präsdient der AGCK, Felix Gmür, Bischof von Basel, Erzpriester Stefanos Athanasiou vom Ökumenischen Patriarchat, Heilsarmee-Kommissärin Lisbeth Andersen gemeinsam mit dem südafrikanischen Theologen Jerry Pillay, der die Predigt hielt. Zahlreiche weitere Vertreter:innen christlicher Glaubensrichtungen brachten sich ebenfalls ein. 

Bischöfe und Präsidentinnen

Unter den Anwesenden war viel Kirchenprominenz, seitens der katholischen Kirche etwa Nuntius Martin Krebs, die Bischöfe Joseph Maria Bonnemain (Chur) und Jean-Marie Lovey (Sitten), Marie-Louise Beyeler, Präsidentin des Landeskirchenrats Bern, Urs Brosi, Generalsekretär der Römisch-Katholischen Zentralkonferenz und die Leiterin des Ökumenischen Instituts der Universität Luzern, Nicola Ottiger. Der christkatholische Bischof Frank Bangerter war ebenso anwesend wie Rita Famos, Präsidentin der Evangelisch-Reformierten Kirche Schweiz, sowie der Serbisch-orthodoxe Bischof Andrej Ćilerdžić. Seitens der Politik war Maja Riniker, Nationalratspräsidentin, gekommen. Musikalisch umrahmt wurde die Feier vom serbisch-orthodoxen Chor «Bogorodičin» aus Zürich, der Choralschola der Dreifaltigkeitskirche Bern und einem Ad hoc-Chor, bestehend aus Sänger:innen der Kirchenchöre Murten, Bellach und Langendorf. 

 

Gemeinsame Verantwortung der Christ:innen

Jerry Pillay, Generalsekretär des Ökumenischen Rates der Kirchen in Genf, nahm in seiner Predigt die Worte aus der Lesung des Epheserbriefes auf. «Bewahrt die Einheit des Geistes durch das Band des Friedens!», ermutigte er die Anwesenden. Er appellierte auch an die gemeinsame Verantwortung der Christ:innen: «Eine zerbrochene und getrennte Kirche hat keine Antworten auf die Probleme einer zerbrochenen und getrennten Welt.»
 

Symbolisch wurde ein gelbes Band, das für den Frieden steht, der alle im Geiste eint, vom Altar und den Geistlichen durch die Kirchenbänke und von Hand zu Hand weitergereicht, bis es alle verband. Die Gebete, das Rezitieren des Glaubensbekenntnisses und der Gesang in verschiedenen Sprachen verdeutlichten die Einheit in der Vielfalt. Ein lebendiger Dialog sowie ein gemeinsamer Weg der christlichen Kirchen sei in der heutigen Zeit, wo Kriege und Umweltkatastrophen aufgrund der Klimakrise die Gesellschaft herausfordern, wichtiger denn je, so die Botschaft der Mitwirkenden.

In ihrer Rede erinnerte Nationalratspräsidentin Maja Riniker an die Katastrophe in Blatten (VS), wo am Vortag ein Bergrutsch das Walliser Dorf zerstört hatte. Die Kollekte kam denn auch zur Hälfte den Notleidenden in Blatten zugute, die andere Hälfte ging an Projekte des Middle East Council of Churches. 

 

Das Konzil von Nizäa

Im Jahre 325 n. Chr. berief der römische Kaiser Konstantin I. in Nizäa, dem heutigen İznik in der Türkei, eine Versammlung ein. Mehr als 200 Bischöfe und Kleriker sollten sich beraten und die Grundlagen des christlichen Glaubens festlegen. Dabei ging es Konstantin auch um die Stärkung der Einheit und seiner Stellung im gesamten Reich, das er seit dem Vorjahr als Alleinherrscher unter sich hatte. Vor allem im östlichen Teil des römischen Reiches herrschten damals Streitigkeiten über die Natur von Jesus. Die Anhänger von Arius, eines im Nildelta lebenden Priesters, sahen ihn als Geschöpf Gottes, das in der Hierarchie klar unter Gott stand. Ihnen gegenüber standen jene Bischöfe und Kleriker, die den Sohn Gottes als wesensgleich mit dem Vater betrachteten. Im Bekenntnis von Nizäa wurde der Glaube an die Dreifaltigkeit, bestehend aus Gott-Vater, Gott-Sohn und dem Heiligen Geist, deklariert. Ebenso wurde das Osterdatum für alle einheitlich gesetzt, was bis zur Kalenderreform über Jahrhunderte so beibehalten wurde. Das Konzil von Nizäa war die erste ökumenische Versammlung von Kirchenvertretern aus weiten Teilen der damals bekannten Welt, an der über die Ausrichtung und die Gesetze der Kirche entschieden wurde. Das Konzil stellt daher einen wichtigen Meilenstein in der Kirchengeschichte dar. 

Das Glaubensbekenntnis, welches anlässlich des Konzils von Nizäa niedergeschrieben und für alle christlichen Kirchen als gültig erklärt wurde, wurde zwar in den folgenden Jahrzehnten noch weiter umformuliert, doch es war bereits bei seiner Entstehung vor 1700 Jahren in wesentlichen Teilen identisch mit dem Grossen Glaubensbekenntnis, das heute noch Teil der Liturgie ist.