Freuen sich über die Wahl des neuen Papstes: Helena Jeppesen-Spuhler, Marie-Louise Beyeler, Gerda Hauck (obere Reihe v.l.n.r.), Ruedi Heim, Daniel Kosch, Bischof Felix Gmür (untere Reihe v.l.n.r.)

Habemus Papam: Schweizer Kirche begrüsst neuen Papst

Die katholische Kirche hat ein neues Oberhaupt. Stimmen aus der Schweizer Kirche zu Papst Leo XIV.


Robert Francis Prevost gehörte zum erweiterten Kreis der Favoriten. Dennoch hatten nur wenige ernsthaft mit seiner Wahl gerechnet. Die Überraschung über den neuen Papst und die Freude sind gross – auf dem Petersplatz und vor den Streaming-Geräten auf der ganzen Welt. Auch in der Schweiz herrscht grosse Freude – magna gaudium regnat, sozusagen. Das «pfarrblatt» hat Stimmen aus der Schweizer Kirche gesammelt.
 

Bischof Felix Gmür: «Das Erste ist Frieden»

Friede ist das erste Wort der ersten Ansprache von Papst Leo XIV. Frieden verkündeten die Engel bei der Geburt von Jesus, Friede ist das erste Wort des auferstandenen Jesus. Friede rahmt das Leben Jesu. In der Messe für die Wahl des Papstes betete Kardinal Giovanni Battista Re für einen Papst, «den die Kirche und die Menschheit an diesem schwierigen und komplexen Wendepunkt der Geschichte benötigen». Papst Leo XIV. gibt dieser Bitte mit seiner Friedensbotschaft eine Richtung vor, die just am 80. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkriegs hoffentlich zu einer Wende beiträgt: zu mehr Frieden in der Welt.

Ich habe den neuen Papst an den Bischofssynoden als zugänglichen, freundlichen, zurückhaltenden und unaufdringlichen Kardinal kennengelernt. Solche Charakterzüge trägt nach den Worten des nunmehrigen Papstes auch der Friede: unbewaffnet und entwaffnend. Das ist nötig für die Welt. Und es ist ein guter Weg für die Kirche, gerade jetzt, wo sie als synodale und missionarische Glaubensgemeinschaft den Frieden sucht. Papst Leo XIV. wünsche ich Gottes reichen Segen und Beistand.

+Felix Gmür, Bischof von Basel


Helena Jeppesen-Spuhler: «Ein optimaler Kandidat»

Dass Robert Prevost das Rennen gemacht hat, war eine grosse Überraschung. Ich fand es sehr berührend, dass er mit dem Friedensgruss begonnen hat. In dieser politischen Botschaft hat sich gezeigt, dass sich er und das Kardinalskollegium bewusst sind, in welcher herausfordernden Situation sich die Welt mit ihren verschiedenen Kriegs- und Konfliktherden befindet. Das Kardinalskollegium hat sich mit der Wahl eines Papstes, der Lateinamerika, Amerika und Europa kennt, sehr pointiert geäussert.

Er ist ein optimaler Kandidat, auch weil er als Präfekt vom Dikasterium für Bischöfe die Kurie kennt und von seiner Zeit als Bischof in Peru die pastorale Arbeit. Pastorale Erfahrung war bereits für das Vorkonklave ein wichtiger Punkt im Profil des neuen Papstes, auch weil es in der Kurie noch vieles weiterzuentwickeln gilt im Dienst der Ortskirchen und die neue Konstitution implementiert werden muss.

Prevost war bei der Synode aktiv, er ist ein sehr zugänglicher und sympathischer Mensch. Auch seine Namenswahl ist eine gute Message, Leo der Begründer der Soziallehre. Ich bin zunächst einfach auch glücklich, dass wir voller Power mit dem Synodalen Prozess weiterfahren können und im neuen Papst eine grosse Unterstützung haben. 

Helena Jeppesen-Spuhler war Abgeordnete an der Weltsynode, sie arbeitet beim Hilfswerk Fastenaktion und ist Mitglied der «Allianz Gleichwürdig Katholisch»

 

Daniel Kosch: «Kontinuität, die hoffen lässt»

Was für eine Überraschung! Ein Papst aus den USA, mit dem kaum jemand gerechnet hat. Was das politisch bedeutet? Ich weiss es nicht, aber sicher wird es nicht bedeutungslos sein. Sein erster Gruss: Ein Friedensgruss! Für alle, für die Welt, die den Frieden so nötig hat. Sein ekklesiologisches Programm als Augustiner: «Mit euch bin ich Christ - für euch bin ich Bischof» von dem aus der die Brücke zur Synodalität der Kirche schlägt. Zusammen mit der mehrfachen Erwähnung von Franziskus steht das für Kontinuität und lässt hoffen.

Als langjähriger Generalprior des Augustinerordens, Bischof in Peru und für die Bischofsernennungen zuständiger Kurienkardinal, hatte er Einblick in verschiedenste Lebenswirklichkeiten von Kirche. Wie er sich darin bewegt hat, werden wir bald von Kennerinnen und Kennern erfahren.

Die ersten Fernsehbilder lassen vermuten, dass er nicht mit seiner Wahl zum Nachfolger Petri gerechnet hat. Der bekannte Spruch lässt sich für ihn umkehren: «Wer damit rechnet, als Kardinal aus dem Konklave herauszukommen, kommt als Papst heraus».

Daniel Kosch ist Theologe und war 2001-2022 Generalsekretär der RKZ

 

Marie-Louise Beyeler: «Ein Vermittler und Brückenbauer»

Dass er dem Wegweiser folgt, den Papst Franziskus für die Weltkirche aufgestellt hat. So habe ich in den letzten Tagen stets auf die Frage geantwortet, was ich mir vom neuen Papst denn wünsche. Als gestern nach dem «Habemus Papam» sein Name genannt wurde, ging es mir wie wohl vielen: Leicht irritiert, erstaunt und dann beim ersten Auftritt von Papst Leo XIV sehr aufmerksam auf seine Worte hörend. Ja, er folgt dem Wegweiser, will eine geschwisterliche Kirche, die den Dialog sucht, die sich für den Frieden einsetzt, den synodalen Weg weiter geht. Er wird ein guter Vermittler und Brückenbauer sein. Beten wir für ihn und seine Aufgabe!

Marie-Louise Beyeler ist Präsidentin der Berner Landeskirche


Ruedi Heim: Überraschung und Freude über Leo XIV

Dass innerhalb von 24 Stunden ein Nachfolger für Papst Franziskus gewählt würde, habe ich mir nicht vorstellen können. Zu gegensätzlich waren die geäusserten Erwartungen an den neuen Papst aus den verschiedensten Kreisen. Zu wenig bekannt waren die Wähler untereinander, nachdem Franziskus das Kardinalskollegium viel internationaler kreiert hatte.

Italiener oder doch ein Afrikaner? Asiate oder ein Konservativer? – Es ist ganz anders gekommen und bei aller demokratischer Vorgehensweise bei der Wahl sehe ich erneut den Heiligen Geist am Werk, der in seiner Kirche wirkt.

Den in Amerika geborenen Kardinal hatte ich nicht auf dem Radar. Aber ein erster Blick in seine Biographie und auf seine erste Ansprache auf der Loggia des Petersdomes erfüllen mich mit Freude.

Worte wie «Brücke, Dialog, Frieden, synodaler Weg, gemeinsam, alle» laden mich und alle Menschen guten Willens ein, sich selber auch auf den Weg zu machen und sich von festen Vorstellungen und Schubladendenken zu verabschieden.

Ein Ordensmann, der einen grossen Ausbildungsrucksack hat und die Welt mit ihren Spaltungen und Abgründen kennt und erfahren hat. An den verschiedensten Orten gelebt und gearbeitet hat und deshalb weiss, dass es für die katholische Kirche (im weiten Sinn des Wortes) unterschiedlichste Realitäten gibt. Auch wenn die deutschsprachigen Länder in der Mitte Europas liegen, so sind sie nicht automatisch der Nabel der Welt. Genauswenig wie Rom die ganze Wirklichkeit der Kirche ist.

Ich freue mich über die Wahl von Leo XIV und auf sein Wirken als Brückenbauer.

Pfr. Ruedi Heim, Leitender Priester Pastoralraum Region Bern 

 

Gerda Hauck: «Namenswahl ist Programm»

Leo XIV - die Namenswahl ist ja sogar noch ein Programm über Franziskus hinaus. So hoffe ich jedenfalls. In der Nachfolge von Leo XIII. könnte neben der unerlässlichen Zuwendung zur sozialen Not und Bedürftigkeit der Mitmenschen auch die ebenso unerlässliche politische Dimension sozialer Gerechtigkeit und Glaubwürdigkeit an Gewicht gewinnen. Für beide Aspekte tragen wir alle, meine ich, Verantwortung. Der Einfluss und die Stellung des neuen Papstes könnten dabei hilfreich sein.

Gerda Hauck, langjährige Leiterin des Berner «Haus der Religionen»