Collage: Sarah Gloor / Canva

Über das Ende des Lebens

03.04.2025

Buchtipp aus der ökumenischen Buchhandlung voirol


Der Roman «Im Schnee» des fränkischen Autors Tommie Goerz ist fürwahr grossartige Literatur! Es ist eine sorgsame und dichte Erzählung. Wunderschön, melancholisch, ohne traurig oder drückend zu sein. Eine Geschichte über das Ende des Lebens, das individuelle und das gemeinschaftliche, über das Leben, wie es ist, mit seinen Sonnen- und Schattenseiten, seiner Kontingenz, seinem Wandel, seiner Vergänglichkeit. Behutsam führt uns der Autor durch die Geschehnisse – eine wohlige Bedächtigkeit überträgt sich auf die Lesenden.

In einem Dorf im Fichtelgebirge stirbt der Schorsch, ein Alteingesessener. Die vier Abschnitte des Buches – der Tod, die Wacht, die Nacht, der Tag – gliedern die Geschichte aus der Sicht seines besten Freundes Max. Die Dorfgemeinschaft geht mit dem Todesfall so um, wie sie es schon immer tat. Unaufgeregt durchleben die Zurückgelassenen die Beendigung eines Lebenskreislaufes, der mit der Taufe beginnt, aber nicht mit dem unmittelbaren Tod endet, sondern erst mit dem Übergang von der einen in die andere Welt, mit der «Totenwacht».

Es ist keine Verklärung eines früheren Lebens, es ist das Panorama eines Dorflebens, ein Tableau: Viele kleine Geschichten ergeben eine grosse Geschichte, die grosse Geschichte formt die kleinen Geschichten.

Die Langsamkeit und die Ruhe des Buches sind unglaublich wohltuend. Fast schon andächtig liest man dieses kurze Büchlein, das tief berührt und glücklich macht. Eine literarische Perle, die man sich auf keinen Fall entgehen lassen sollte!

Séverine Décaillet

Tommie Goerz: Im Schnee, Piper 2025, 176 Seiten, Fr. 30.50