Kirchen rufen Politik zum Handeln auf. Fotos: Schweizerische Bundeskanzlei/Fastenaktion/Daniel Torok; Collage: Annalena Müller

Trump streicht Gelder - Schweizer Kirchen reagieren

US-Präsident Donald Trump streicht Gelder für die Entwicklungshilfe. Die Folgen sind verheerend, von «schwerer Ungerechtigkeit und Gewalt», spricht Charles Morerod, Präsident der Schweizer Bischofskonferenz. Darum fordern Schweizer Kirchen und Hilfswerke in einem offenen Brief von Bundesrat Cassis, aktiv zu werden.

 

Sylvia Stam

2023 gaben die USA rund 65 Milliarden US-Dollar für humanitäre Projekte aus. Davon flossen rund 50 Milliarden an die Entwicklungshilfebehörde USAID, wie der deutsche Sender BR2 ausgerechnet hat. Vor wenigen Tagen gab die Regierung von Donald Trump bekannt: Diese Gelder werden für 90 Tage eingefroren. Ob sie dann wieder fliessen, ist offen. Insgesamt macht USAID 42 Prozent der gesamten Welthilfe aus. Rund ein Drittel der Gelder ging laut NZZ an Länder in Afrika. 

Der bereits früher angekündigte Austritt der USA aus der Weltgesundheitsorganisation WHO dürfte ebenfalls drastische Folgen haben. Laut Tages-Anzeiger zahlten die USA 2022/2023  mehr als 200 Millionen US-Dollar an die UNO-Behörde, das entspreche einem Fünftel des gesamten WHO-Budgets für diesen Zeitraum.

Fatale Folgen für Millionen Menschen

Die drastischen Massnahmen rufen Entwicklungsorganisationen und Kirchen auf den Plan. Sie befürchten dramatische Auswirkungen für Menschen im globalen Süden. Viele Programme in der humanitären Nothilfe und internationalen Zusammenarbeit liefen Gefahr, ihre Arbeit nicht mehr weiterführen zu können. «Die Folgen für Millionen von Frauen, Kindern, alten, kranken sowie beeinträchtigten Menschen in den prekärsten Regionen der Welt wären fatal», schreiben Caritas, Fastenaktion, HEKS, die Schweizer Bischofskonferenz und die Evangelische Kirche Schweiz gemeinsam in einem Offenen Brief an Bundesrat Ignazio Cassis. 

«Die Schweiz als Sitzstaat der Genfer Konventionen wird um eine Intervention gebeten, weil die amerikanische Entscheidung die Armut verschärfen wird», sagt Charles Morerod, Präsident der Schweizer Bischofskonferenz, gegenüber dem «pfarrblatt». Die sei eine schwere Ungerechtigkeit und bringe Gewalt mit sich, so der Bischof von Freiburg, Lausanne und Genf.
«In Programmländern von Fastenaktion wie Kenia oder Guatemala, welche unter anderen ebenfalls Schwerpunktländer von USAID sind, werden Gelder fehlen», konkretisiert Bern Nilles, Direktor von Fastenaktion, auf Nachfrage des «pfarrblatt». Zwar sei das Schweizer Hilfswerk ebenso wie Caritas nicht direkt betroffen, «doch einige Partnerorganisationen von uns verlieren durch den Entscheid von Trump einen Teil ihrer Finanzierung und sind gleichzeitig mit den Auswirkungen der Trump-Entscheidung vor Ort konfrontiert.» Als Folge müssten Entwicklungsprojekte eingestellt oder eine andere Finanzierung gefunden werden. 

Schweizer Hilfswerke wollen Gegensteuer geben

«Es wird eine grosse zusätzliche Zahl von Menschen geben, die ohne humanitäre Hilfe und umgehend auf Unterstützung angewiesen sind», sagt auch Caritas-Direktor Peter Lack auf Anfrage. Um dieser Not entgegenzuwirken, klärt Caritas zusammen mit anderen Schweizer Hilfswerken ab, «welche Massnahmen es braucht, welche zusätzliche Unterstützung wir bereitstellen und wie wir unsere Projekte anpassen können.»

In ihrem offenen Brief fordern Kirchen und Hilfswerke den Schweizer Aussenminister auf, «sich mit aller Kraft und Entschiedenheit auf diplomatischem Wege für den Erhalt der humanitären Strukturen, insbesondere in der UNO, einzusetzen.» Cassis solle sich dafür stark machen, «dass die wohlhabenden Länder ihre Verantwortung gegenüber den ärmsten Menschen der Welt wahrnehmen und die Entwicklungszusammenarbeit nicht weiter ausgehöhlt wird.» Die Schweiz als «Hüterin der Genfer Konventionen» und Sitzstaat der Uno müsse eine führende Rolle in diesem globalen Kraftakt übernehmen. 

Kurzfristige Entscheidung

«Ich habe mich entschieden, den offenen Brief mitzuunterzeichnen, weil er ein Zeichen setzt und unsere grundsätzliche Sorge um die humanitären Strukturen zum Ausdruck bringt», sagt Rita Famos, Präsidentin der Evangelischen Kirche Schweiz. Sie hebt vor allem die Kurzfristigkeit dieser Entscheidung und damit die «akute Bedrohung von Millionen Menschen» hervor.

Gemäss NZZ gibt es allerdings auf dem afrikanischen Kontinent auch andere Stimmen. Politiker und Medien sähen in dem Stopp auch einen Weckruf, um aus der Abhängigkeit von ausländischen Geldern herauszukommen. Hilfsgelder verringerten demnach den Druck auf  diese Regierungen, funktionierende Steuersysteme aufzubauen oder die Qualität von Schulen und Universitäten zu verbessern, schreibt die NZZ. (aktualisiert 15.12h/sys)