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Tandem

12.06.2025

Kolumne aus der Inselspitalseelsorge


Ich habe mich auf ein Experiment eingelassen: Jetzt sitze ich mit einer Mitarbeiterin des Spitals Fribourg in einem gemeinsamen Meeting. Wir sehen uns das erste Mal. Ich bin ein bisschen nervös, aber auch neugierig, wer mir da zugeteilt wurde für regelmässige Austauschtreffen. Sie arbeitet in der Administration, ich in der Seelsorge. Das Einzige, was uns verbindet: ein Arbeitsort in einem Spital mit deutsch- und französischsprachigen Patient:innen und unser Interesse, die andere Sprache besser sprechen und verstehen zu können. 

Unser erstes Treffen wurde durch das Forum für Zweisprachigkeit vermittelt. Während sechs Monaten bilden wir ein Sprachtandem und werden uns regelmässig treffen. So sitze ich jetzt also da mit einer mir fremden Frau und wir tauschen uns vorsichtig aus, über unsere Arbeit («Was machst Du genau?»), über die Strukturen in unseren Spitälern («Was, das Inselspital ist so gross?»), über die Eigenheiten unserer Kantone (wie wenig wir eigentlich über unsere Nachbarkantone wissen), stolpern dabei über sprachliche Hürden, suchen verzweifelt nach dem richtigen Wort und müssen aber auch immer wieder lachen – über uns selbst und miteinander. Dabei geht es einfach darum, die andere Sprache zu hören und zu sprechen. Es braucht Respekt, Neugier, Wertschätzung und Mut – Mut zur Lücke, zu Fehlern und zu Missverständnissen. Sich in diesem Kontext zu treffen, heisst auch, sich mit seinen Schwächen und Fehlern zu exponieren, etwas von sich zu zeigen, das eben nicht so gut geht. Und ich denke: Was ist das für eine schöne Haltung einem anderen Menschen gegenüber: Man darf Fehler machen!

Martina Wiederkehr-Steffen, Seelsorgerin am Inselspital

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