Anouk Hiedl verabschiedet sich als «pfarrblatt»-Redaktorin. Foto: Pia Neuenschwander

Rückenwind

12.06.2025

Nach sechseinhalb Jahren verlässt Redaktorin Anouk Hiedl das «pfarrblatt» - ein Rückblick, ein «Au revoir» und die besten Wünsche für viel Rückenwind.


«In der Wüste muss ich mich nicht gross und nicht klein machen», sagte Andreas Knapp in einem meiner ersten «pfarrblatt»-Interviews. Das klingt bis heute in mir nach. Seither ist Weiteres hängen geblieben. Von Laura Crameri etwa, die sich bei der Seenotrettung von Flüchtlingen auf dem Mittelmeer engagierte. Trotz aller Widrigkeiten an Bord lebten auf dem Rettungsschiff «knapp 500 Menschen friedlich und kooperativ zusammen. Ich nehme mit, an einem Ort gewesen zu sein, wo so etwas möglich ist.»

Jerko Bozic, früher katholischer Priester, heute Pfarreiseelsorger im Seeland, erzählte mir, wie er mit der Zeit das Zuhören als seine Hauptaufgabe erkannte und später vor der Entscheidung zwischen Berufung oder Liebe stand.

Eindrücklich auch der Hirte Rudy Canonica. Seit mittlerweile 40 Jahren zieht er mit 800 Schafen im Berner Mittel- und Seeland von einer Winterweide zur nächsten – kein bukolisch-idyllisches Leben. An Wochen- und Feiertagen hängt er nicht mehr. «Für mich kann auch mal an einem Mittwoch Sonntag sein oder im Sommer Weihnachten.»

Der Theologe Andreas Hugentobler wanderte nach El Salvador aus, um den Aufbau eines Netzwerks kirchlicher Basisgemeinden zu unterstützen. Gemäss Leonardo Boffs «Gott kommt vor dem Missionar» wolle er entdecken, was es vor Ort an Göttlichem gibt, um von Ungerechtigkeit und Ausgrenzung zu befreien. Mission sei kein Folkloreabenteuer, sondern ein Auftrag. «So standen wir nicht für die Armen ein, sondern für ihre Optionen.» Die Wege dazu suche man gemeinsam.

Gabriele Berz, bis 2024 Pfarreileiterin in Spiez, wurde als erste Ministrantin ihrer Pfarrei von den Jungs erst akzeptiert, als sie beim Fussball ein Tor schoss. Seither denke sie, «auch in der Kirche muss man manchmal Energie anders einsetzen als gedacht, um Dinge zu bewegen.» Und: Alles, was wir im Geist Gottes tun, sei Kirche – auch ausserhalb der Kirchenmauern.

Die Bandsänger Ivica Petrušić und Hafid Derbal thematisieren auf ihren Alben, was Menschen umtreibt – u. a. Identität, Verantwortung, Glaube, Freundschaft und Hoffnung. Die beiden sind im Jugoslawien- bzw. Algerienkrieg aufgewachsen und haben erlebt, «wie Zugehörigkeit gegeneinander ausgespielt wird und Identität mörderisch werden kann.» Sie haben sich kritisch mit ihren Heimatländern auseinandergesetzt und sind offen und wohlwollend geblieben: «Wir wollen Dinge benennen, die wir für falsch halten und Gutes in der Gesellschaft verstärken.»

Der Berner Fotojournalist Alex Kühni wiederum reist in Kriegs- und Krisengebiete, wo Geschichte geschrieben werde, um von Menschen zu erzählen, die alles verloren haben, und ihnen damit Würde zu geben. Er wolle aktiv etwas tun, über das Leid, das geschieht, berichten und helfen, wenn es ihn brauche. «Das macht für mich Sinn. Dass ich das tun kann, ist für mich ein Privileg.»

Seit 2018 habe ich beim «pfarrblatt» Perspektiven-, Partner- und Chefwechsel bestmöglich mitgetragen. Nun schlage ich selbst neue Wege ein. Im März habe ich mich entschieden, anderswo weiterzuschreiben und berufsbegleitend eine Ausbildung zur Komplementärtherapeutin zu machen. In Zukunft werde ich so weiter zuhören und daraus Texte und Shiatsu-Behandlungen entstehen lassen. Beides mit Kopf, Hand und Herz. 

Nun wünsche ich Ihnen, meinem Team und dem «pfarrblatt» viel Rückenwind: «Au revoir» et «bon vent»!

Anouk Hiedl
«pfarrblatt»-Redaktorin