«pfarrblatt»-Lesende: Grosswetterlage wolkig, aber nicht hoffnungslos

Unsicherheit ist das dominierende Gefühl angesichts der aktuellen Weltlage. Wir haben Sie gefragt, wie Sie damit umgehen. Das haben Sie geantwortet.


Annalena Müller

Medien sind Mittler. Ihnen kommt – ganz allgemein gesprochen – die Aufgabe zu, das gesellschaftliche Geschehen für eine breite Leserschaft aufzubereiten. Ziel ist es, den Lesenden relevante Informationen zur Verfügung zu stellen, damit sie sich eine eigene, fundierte Meinung bilden können.

So weit, so klar. Aber wie sieht es aus, wenn sich die Weltlage als eine wachsende Zumutung entpuppt – irgendwo zwischen personifizierter Politsatire und real existierendem Risiko, das auch die Schweiz betrifft? Wie viel ist zu viel? Und: Wie kommt all das bei den Menschen an?

Im März habe ich Ihnen, liebe Lesende, die Frage gestellt: «Wie halten Sie’s?» Und Sie haben geantwortet. Dafür danke ich Ihnen – für Ihre Zeit und dafür, dass Sie Ihre Gedanken und sogar ein wenig Ihren Alltag mit dem «pfarrblatt» teilen. So zum Beispiel Sara Lingg-Carreira, die an einer Berner Sekundarstufe I unterrichtet.

Zwischen Kriegsangst und Hoffnung

«Jugendliche zwischen 14 und 16 Jahren, die die Welt sehr genau beobachten – oft stiller, als wir Erwachsene denken. Ich habe sie gefragt: Was macht euch Sorgen? Und: Was gibt euch Zuversicht? Ihre Antworten haben mich bewegt und, ja, auch hoffnungsvoll gestimmt. 

Da war immer wieder die Angst vor einem dritten Weltkrieg. Die Kriege und die politische Lage weltweit, die Unsicherheit, das Ungewisse, die Umwelt, die Ungerechtigkeit. Und in all dem war zu spüren: Diese Jugendlichen schauen nicht weg. Sie schauen hin. Diese Antworten zeigen, dass sie den Kopf nicht in den Sand stecken – obwohl sie es könnten. Obwohl sie es manchmal vielleicht sogar müssten, um sich zu schützen.

Und trotzdem, oder vielleicht gerade deswegen, sprachen sie auch von dem, was ihnen Kraft gibt. Familie und Freund:innen. Hobbys und Leidenschaften. Die Natur. Das Vertrauen in die direkte Demokratie. Und: Gott. Jesus. Gebet. Diese Worte wurden mehrfach genannt, ganz ohne, dass ich sie vorgab. Manche spüren offenbar, dass da jemand ist, der sie trägt. Dass sie mit ihren Ängsten nicht allein sind. Dass es auch in dunklen Zeiten einen Ort der Stille und des Trostes gibt.»
 

 


Fähigkeit zum Diskurs verloren

Michael Stoffel wünscht sich angesichts des hektischen Aufrüstens einen differenzierten Diskurs. Ihm fehlt «eine belastbare Evidenz für eine reale Bedrohung durch Russland, auch angesichts der Grenzen von dessen militärischen Kapazitäten, wie sie uns vor Augen geführt werden».

Weiter schreibt er: «Erschreckend erscheint mir, dass uns die Fähigkeit zu einem echten, differenzierenden und argumentativen Diskurs abhandengekommen ist. Verstörend ferner, wie eilfertig Politiker:innen und Presse bereit sind, jene Prinzipien zu verraten, die man zu verteidigen vorgibt.

Ich bin mir der Richtigkeit meiner Einschätzungen überhaupt nicht sicher, aber ich fürchte, dass diejenigen, die sich ihrer Sichtweise so gewiss sind, uns alle in den Abgrund reissen könnten. Vielleicht sollte man sich wieder der Losung erinnern: im Zweifel für den Zweifel.

Und es könnte sich auch lohnen, einen Moment über folgende Aussage von Hermann Hesse nachzudenken: «Erkennt ihr den Krieg nicht als von aussen, sondern von euch selbst geschaffen und gewollt, so habt ihr den Weg zum Frieden vor euch. Und damit sind wir bei der Hoffnung.»

Christoph Zehnter wundert sich über den Aufruf. «Warum interessiert Sie dies?», fragt er nach. Für ihn ist die Antwort auf den Umgang mit der Weltlage eine individuelle. «Ich selber, männlich, weiss, schweizerischer Nationalität, bin seit Längerem schon in mir sicher, gesund, vernünftig und glücklich.» Der Zukunft schaut der 73-jährige Berner «gelassen entgegen» – auch, weil er den Blick aufs Hier und Jetzt und seine direkte Umgebung richtet.