
Annalena Müller ist «pfarrblatt»-Chefredaktorin. Foto: Pia Neuenschwander
Ethik und Voyeurismus
Editorial der aktuellen Ausgabe von Annalena Müller
Er muss es unbedingt gewollt haben – den Segen «Urbi et Orbi» spenden und ein letztes Mal nah bei den Menschen sein. Der letzte Akt muss Papst Franziskus schier übermenschliche Kraft gekostet haben.
Nun, da er gegangen ist, lassen die Medien kaum Raum für stille Trauer über diesen Papst der Menschen. In den Medien erfahren wir, wie Franziskus die letzte Stunde seines Lebens verbrachte (im Wachkoma), wer als der aussichtsreichste Kandidat für seine Nachfolge gehandelt wird (Kardinal Parolin) und wo die zusätzlichen Toiletten für die trauernden Pilger:innen stehen (Via della Conciliazione).
Bei mir hinterlässt das alles auch zwiespältige Gefühle. Ich frage mich, wo liegen die ethischen Grenzen zwischen dem berechtigten Wunsch nach Informationen und voyeuristischem Clickbaiting?
Die Antwort muss letztlich jede und jeder für sich selbst finden. Wichtig scheint mir jedoch, dass das Rennen nach den «latest news» nicht den Raum nehmen darf für die Stille und die Würdigung, die dem verstorbenen Pontifex gebühren.
Jetzt, da sein Grab in der Basilika Santa Maria Maggiore verschlossen ist, möge er Ruhe finden und in Frieden ruhen.
Annalena Müller
«pfarrblatt»-Chefredaktorin