Das Lachen - ein Geschenk Gottes. Foto unsplash.com

Das Osterlachen – eine alte Tradition

Auch in Kirchen darf gelacht ­werden.


Silvia Rietz*

Wo Lobpreis und Freude herrschen, ist der Humor nicht weit. Im Spätmittelalter gehörte das Osterlachen (Risus Paschalis) zum Brauchtum, und der Pfarrer war angehalten, die Gläubigen mit der Osterpredigt zum Lachen zu bringen. Wo sonst strenge Verhaltensregeln von der Kanzel gedonnert wurden, ging es an jedem Ostersonntag fröhlich zu. 

Pfarrer erzählten Witze und erheiternde Geschichten. Und die Gemeinde bog sich in den Kirchenbänken vor Lachen. So wurden die Osterfreude, die Auferstehung, der Sieg des Lebens über den Tod gefeiert. Im 20. Jahrhundert verschwand das Osterlachen aus den Kirchen. Heute wird es in einzelnen Pfarreien wiederbelebt.

Im Spätmittelalter kam in den Kirchen der Brauch des Osterlachens auf. Mit dem Lachen wurde gegen Erstarrtes und Totes protestiert – und die Freude über die Auferstehung ausgedrückt. Um die Gemeinde im Ostergottesdienst zum Lachen zu animieren, erzählten die Pfarrer gerne erheiternde Geschichten. Einige gingen dabei ziemlich weit, machten die Kanzel zur Bühne, schnitten Grimassen, grinsten und provozierten bis an die Grenzen des guten Geschmacks.

Missmutigen Katholiken und allzu nüchternen Aufklärern war die liturgische Gaudi jedoch zuwider. Vereinzelt gab es sogar kirchenamtliche Verbote. Im sittenstrengen Protestantismus wollte man von diesem humorvollen Brauch erst recht nichts wissen und so verstummte das österliche Gelächter in den Sakralräumen. 

 


Osterwitz als viraler Hit

Die lange Tradition des Osterwitzes war beispielsweise in Bayern tief verwurzelt. Auch wenn das Osterlachen in manchen Gegenden Deutschlands beliebt war, kannte man den Brauch nicht flächendeckend. In liturgischen Büchern finden sich keine Hinweise. Eine Quelle ist hingegen die Predigtsammlung des bayrischen Pfarrers Andras Strobl aus Buchbach, dessen Handbuch «Neugefärbte Oster-Ayr» komische Predigten und Ostermärchen, also erfundene Geschichten, enthält, von dem anfangs des 18. Jahrhunderts sogar drei Auflagen gedruckt wurden.

Viele der amüsanten Geschichten weisen einen direkten Bezug zum Ostergeschehen auf. Da sie eine ausdrückliche Druckerlaubnis der Katholischen Kirche aufweisen (Imprimatur), kann man davon ausgehen, dass sie offiziell für den Predigtdienst erlaubt waren und auch genutzt wurden. Ein Kirchenmann, der den «Risus Paschalis» gegenwärtig wieder populär macht, ist Bischof Stefan Oster vom Bistum Passau. Nach dem Ostergottesdienst oder in der Predigt erzählt er stets einen Witz. Auch an Ostern 2024 sorgte er im Passauer Stephansdom für schallendes Gelächter. Das Bistum Passau lud den Predigt-Mitschnitt auf den YouTube-Kanal und der Clip wurde 1,4 Millionen Mal angeklickt. Mit dem viralen Hit hat der Passauer Bischof den Brauch des Osterlachens nicht nur wiederbelebt, sondern modern gemacht.  
 


Im Gotteshaus lachen

Blicken wir auf die frühere Tradition des Osterlachens, stellt sich die Frage: Darf man im Gotteshaus lachen? In meiner Kindheit hätten sowohl Pfarrherren als auch Familien und Verwandte mit einem entrüsteten «Nein» geantwortet. Die Kirche war ein heiliger Ort der Gegenwart Gottes, hier hatte man sich ehrfürchtig, züchtig und ruhig zu verhalten. 

Heute, wo alles natürlicher und freier geworden ist, sind wir uns bewusst, dass Gott sich wohl über Hallelujas freut, jedoch genauso über das befreite Lachen seiner Geschöpfe, der Kinder Gottes. Da darf man sogar Witze über die Kirche erzählen. Machen diese die Institution Kirche doch nicht lächerlich, sondern nehmen sie aufs Korn und gerade dadurch auch ernst. 

Man kritisiert ja, was man gerne hat und was einem deshalb nicht gleichgültig ist. Und zur Kirche gehören nicht nur geweihte Amtsträger, sondern das gesamte Volk Gottes. Der Allmächtige hat uns Menschen das Lachen geschenkt. Wir sind das einzige Lebewesen der Erde, das lachen kann. Und Jesus selbst besass Humor, viel Humor. Seine Gleichnisse besitzen oft eine amüsante Note. Allein wenn man sich die Sache mit dem Kamel vorstellt, das durch ein Nadelöhr gehen soll, muss man lachen.  
 


Auf der Kanzel nicht witzeln

Die italienische Theologin Maria Caterina Jacobelli setzte sich in ihrem Buch «Das Ostergelächter – Sexualität und Lust im Raum des Heiligen», das 1995 erschienen ist, intensiv mit dem Osterlachen auseinander. So lautete ein damals gängiger Witz, der aus dem 16. Jahrhundert aus Marchtal an der Donau überliefert ist: «Der Pfarrer bittet im Gottesdienst die Männer, die zu Hause das Sagen haben, das Osterlied ‹Christ ist erstanden› vorzusingen. Weil alle Männer schweigen, stimmen die Frauen lautstark das Lied an.» 

Der Basler Pfarrer und Reformator Johannes Öcolampad (1482–1531) beschwerte sich in einem Brief an einen Priesterkollegen über die liturgische Sitte, die Menschen «durch respektlose Gebärden und unsinnige Worte zum Lachen zu bringen». Er soll den Namen «Risus Paschalis» eingeführt und gemeint haben: «Auf der Kanzel witzelt man nicht.»

Vereinzelt wurde das Witzeerzählen in der Kirche sogar verboten. Papst Benedikt XIV. (1675–1758) stellte sich ausdrücklich gegen die Praxis des Osterlachens, wie Jacobelli schreibt. Dies im Gegensatz zum prominenten Fürsprecher und Namensvetter Papst Benedikt XVI. (1927–2022), der in seiner Zeit, als er noch Kardinal und Präfekt der römischen Glaubenskongregation war, in der Schrift «Schauen auf den Durchbohrten» hinsichtlich des Osterlachens festhielt: 

«Es mag eine etwas oberflächliche und vordergründige Form christlicher Freude sein. Aber ist es nicht eigentlich doch etwas Schönes und Angemessenes, dass Lachen zum liturgischen Symbol geworden war? Jedenfalls ist es ein Symbol österlicher Hoffnung und des Glaubens, dass in Christus nicht die Traurigkeit, sondern die Freude das letzte Wort haben wird.»
 


Lachen drückt Osterfreude aus

An Ostern feiern Christen ihr wichtigstes Fest: die Auferstehung Christi am dritten Tag nach dem Tod am Kreuz. Auch wenn das Osterlachen an dieser Botschaft vorbeizielt, so drückt es doch die Freude über den Sieg des Lebens aus. So wie es Arno Backhaus einmal formulierte: «Befreiendes Lachen wäscht den Staub von der Seele.»

Deshalb sollen auch die Gedanken über den Brauch des Osterlachens mit einer Prise Osterhumor enden. Ein Pfarrer wunderte sich, dass seine Köchin so oft auf den Estrich hinaufschlich. Also schaute er nach, was es mit dem Dachboden auf sich hatte. Ausser einem Korb mit einigen Eiern und einem Couvert konnte er nichts Ungewöhnliches finden. Also fragte er seine Angestellte, was es mit den Eiern auf sich habe.

«Wissen Sie, Herr Pfarrer», stotterte sie, «immer, wenn Sie eine langweilige Predigt halten, lege ich ein Ei in den Korb.» Der Pfarrer runzelte die Stirn und meinte: «Und was hat es mit den 300 Franken im Couvert auf sich?» «Nun ja, das ist der Erlös der bereits verkauften Eier!»
 

*Silvia Rietz ist Journalistin, Konzertveranstalterin, engagierte Christin und Redaktionsleiterin des Antoniushefts. Sie gehört zum Redaktionsteam des «Kirchenblatts».

Dieser Artikel ist zuerst im «Kirchenblatt» erscheinen