In Burgdorf wird unter fachkundiger Leitung Fastenbier gebraut. Foto: Pia Neuenschwander

Für eine genussvolle Fastenzeit: Bierbrauen in Burgdorf

Bierbrauen für die Fastenzeit hat in den Klosterbrauereien unserer Nachbarn eine lange Tradition. Der Pastoralraum Emmental lässt diesen Brauch hierzulande aufleben. 


Elisabeth Zschiedrich
Fotos: Pia Neuenschwander

Nur eine Suppe, das sei ihm immer etwas zu wenig gewesen, sagt Manuel Simon. Fastenzeit hin oder her: Er habe sich schon lange etwas Schmackhafteres gewünscht. Da kam dem Leiter des Pastoralraums Emmental ein Brauch aus seiner Heimat in den Sinn.
 


In Deutschland hat das Fastenbierbrauen eine jahrhundertelange Tradition. «Flüssiges bricht Fasten nicht», lautet ein Spruch, mit dem der Alkoholgenuss in der Fastenzeit gerechtfertigt wird. 

Fastensuppe und Fastenbier 

Ein Spruch, dessen Bedeutung in Burgdorf bisher nicht voll ausgeschöpft wurde. Simon möchte das ändern. «Wir Katholiken mögen ja alles, was Lebensfreude bringt», sagt er. Das dürfe man auch in der Fastenzeit spüren. 

 


Der ökumenische Fastensuppenanlass gehört in Burgdorf wie vielerorts in der Schweiz zur Fastenzeit seit Jahren dazu. Nach einem Sonntagsgottesdienst zwischen Aschermittwoch und Ostern treffen sich christkatholische, reformierte und römisch-katholische Gemeindemitglieder, sitzen zusammen, essen und tauschen sich aus. Mit etwas Alkohol könnte der Anlass in diesem Jahr noch lustiger werden. 

Wasser, Malz, Hopfen und Hefe 

Dafür, dass es am 16. März neben der Suppe erstmals noch mehr Flüssiges gibt, sorgen zwölf Frauen und Männer, die sich an einem Januarsamstag im Pfarreizentrum Maria Himmelfahrt zusammenfinden. 
 


Ein süsslicher Duft empfängt die Besuchenden schon im Treppenhaus. Im Untergeschoss ist alles aufgebaut, was es braucht, um Bier zu brauen. Das ist im Grunde gar nicht so viel: Drei Töpfe, einen Gaskocher und eine Schöpfkelle, dazu natürlich Wasser, Malz, Hopfen und Hefe. 

Unter der Anleitung von Ulrich Bösiger, Inhaber einer kleinen Brauerei in Burgdorf, wurde das Malz schon in heissem Wasser eingeweicht und dadurch in Maische verwandelt. Jetzt sind zwei Männer dabei, die Maische durchzuspülen und die so gewonnene Würze Kelle für Kelle in die Sudpfanne zu füllen. Die anderen schauen aufmerksam zu. 
 


Bierbrauen ist in. Gerade Spezialbiere liegen im Trend. Was im Pfarreizentrum geht, kann man vielleicht auch einmal zu Hause umsetzen. Bösiger jedenfalls ermuntert die Leute, gibt Tipps und erklärt Details der Braukunst. Sehr wichtig sei die Sauberkeit, aber auch die richtige Temperatur und die Frische der Zutaten. 

Zeit fürs Zusammensein 

Zum Kochen der Würze will er lieber in den Hof gehen. Das gibt zu viel Dampf für den Kellerraum. Also versammeln sich alle draussen. Dort wird dem Kessel ordentlich eingeheizt. 

Es ist wichtig, dass der Brausud über eine Stunde sprudelnd kocht. So wird die Würze sterilisiert und unerwünschte Eiweisse fallen heraus, ein leises Simmern reicht dafür nicht. Dann ist Zeit, den Hopfen zuzugeben, der dem Bier später Bitterkeit, Geschmack und Aroma verleiht. 

 


Wie das Burgdorfer Fastenbier schmecken soll, dürfen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Anlasses selbst entscheiden. Bösiger hat verschiedene Biere seiner Brauerei mitgebracht, die nun nacheinander verkostet und bewertet werden. Dazu gibt es ein paar salzige Apéro-Snacks. Bierbrauen dauert, da ist Zeit fürs Zusammensein und Gespräche am Rand.  

Tradition der Fastenbiere

Wenn die Würze fertiggekocht und abgekühlt ist, kommt die Hefe dazu. Der Gärprozess startet, die süsse, bisher nicht alkoholische, Flüssigkeit wird zu Bier. Das Burgdorfer Fastenbier wird ein Starkbier werden, das heisst, kräftiges Aroma, vollmundiger Geschmack, höherer Alkoholgehalt. 
 


Damit folgt es der Tradition der Fastenbiere. Denn gerade in der Fastenzeit brauchten die Mönche ein nahrhaftes und gut schmeckendes Getränk. Es ist tatsächlich den Fastenbieren zu verdanken, dass die Mönche in den mittelalterlichen Klöstern die Braukunst immer weiter verfeinerten. So wurde aus dem bis dahin wenig schmackhaften Nahrungsmittel Bier ein Genussgetränk.  

Zwanzig Liter Fastenbier 

Damit man das auch über das Burgdorfer Fastenbier sagen kann, muss es zunächst gären und reifen. Der Prozess dauert einige Wochen. Mitte März für den Fastenanlass wird es fertig sein. Zwanzig Liter sollen dann ausgeschenkt werden. Suppe oder Bier – was besser ankommt, wird sich zeigen. Simon lacht. Wer nicht viel Wert auf Flüssiges lege, werde auf jeden Fall auch eine Brezel bekommen. So genau nehmen sie es in Burgdorf nicht mit der Fastenregel. Ausserdem findet der Anlass an einem der Fastensonntage statt. Und die sind von der Regel bekanntlich ausgenommen.