«Der Tag war unheimlich interessant», sagt eine Pfarreisekretärin aus dem Kanton Bern. Ihre Teamkollegin pflichtet ihr bei. Tatsächlich war der Infotag «Mit künstlicher Intelligenz in die Zukunft» rasch ausgebucht. 80 Personen sind der Einladung des Vereins Pfarreiadministration gefolgt und Mitte Mai ins Pfarreizentrum Herz Jesu nach Winterthur gereist, um praktische Ansätze für KI im Pfarreialltag kennenzulernen. Matthias Mattenberger, Experte für strategische Kommunikaton, führt unterhaltsam durch den Tag.
Öffentlich zugängliche Daten
«Wenn Sie KI etwas fragen, reiht sie die nächstwahrscheinlichen Antworten aneinander», erläutert Matthias Mattenberger den Alghorithmus dieser Denkmaschinen. Daraus folgt: Je mehr Kontext man der KI gibt, desto exakter ist ihre Antwort. Dabei greift sie auf öffentlich zugängliche Datenquellen wie Wikipedia, Büchersammlungen, Newsartikel, akademische Texte etc. zurück.
Auch wenn es diverse Anbieter von KI gibt, steht an diesem Tag ChatGPT (chatgpt.com) von «Open AI» im Zentrum, laut Mattenberger «Marktführer und eines der besten Modelle». Er rät dazu, alle Personenrelevanten Informationen aus einem Text, den man hochlädt, zu löschen.
Klarheit, Kontext, Korrektur
«Wie kann ich dir helfen?», lautet die simple Frage, die KI den Nutzer:innen auf einem sonst leeren Bildschirm stellt. Um möglichst effizient brauchbare Antworten zu erhalten - immerhin braucht KI laut Mattenberger siebenmal mehr Energie als eine Suche via Google - empfiehlt er «die drei K›s der KI»: Klarheit, Kontext und Korrektur.
Ein Prompt, so nennt man in der Fachsprache die Anweisung, die man der KI gibt, soll möglichst klar formuliert sein: Was will ich genau erreichen? Als Kontext soll mitgeliefert werden, worum es geht und für wen die Antwort gedacht ist. Also nicht: «Kreiere mir eine Religionsstunde». Sondern: «Kreiere mir eine Lektion für den Religionsunterricht. Thema: Jonas und der Wal für 8-jährige Kinder, 30 Minuten. Beende sie mit einem Quiz mit fünf Fragen.»
In diesem Beispiel zweier Teilnehmerinnen hat die KI eine brauchbare Antwort geliefert. Doch nicht immer seien die Antworten verlässlich, warnt Mattenberger. Daher das dritte K: Korrektur. «KI antwortet nie: ‹Das weiss ich nicht›». Darum müsse man Antworten immer auf ihre Plausibilität überprüfen und allenfalls zur ersten Antwort eine Nachfrage stellen. Es komme auch vor, dass die KI «halluziniert», so nennt man im Fachjargon fehlerhafte Antworten. Darum sei es wichtig, KI nicht blind zu vertrauen, sondern die Antworten nach Möglichkeit durch eine Internetrecherche zu überprüfen.
Inspiration für eigenen Text
Die Erfahrung zeigt, welche Prompts - also welche konkreten Fragestellungen an die KI - brauchbare Antworten generieren. Mattenberger rät dazu, solche «Prompts» für wiederkehrende Anfragen abzuspeichern und damit eine Art Bibliothek für spätere Verwendungen anzulegen.
Nach dem Mittagessen wagen sich die Anwesenden an eigene Versuche: Eine Teilnehmerin lässt sich von der KI über Christi Himmelfahrt informieren, als Inspiration für einen Pfarreiblattartikel. Zwei Teilnehmerinnen lassen KI einen Flyer erzeugen mit einer Einladung zum Palmbinden für Palmsonntag. «Heraus kam ein Bild mit Strandpalmen», sagen sie lachend. In einer zweiten Schlaufe ergänzten sie den Prompt mit dem Hinweis: «für den christlichen Palmsonntag». Daraufhin sind sie mit dem Resultat zufrieden.
Quellenangabe?
Mehrere Teilnehmer:innen erwähnen die Möglichkeit, mittels KI Texte zu kürzen, die von Drittpersonen fürs Pfarreiblatt verfasst wurden. Auf die Frage, was in diesem Fall in der Autor:innenzeile stehen müsse, entgegnet Mattenberger: «Die Autorin behält das Urheberrecht auch nach der Kürzung durch KI, also darf man ihren Namen darunter setzen». Es ist dennoch ratsam, den so gekürzten Text dem/der Verfasser:in nochmals zum Gegenlesen zu geben.
Die Teilnehmenden des Info-Tags sind begeistert, wie die Rückmeldungen zeigen. Auch wenn noch nicht alle wissen, wo und wie genau sie KI einsetzen wollen, haben viele Lust bekommen, das auszuprobieren. «Texte kürzen und vereinfachen sowie Informationen zusammenstellen», nennt die Berner Pfarreisekretärin Anwendungsfelder. Ihre Teamkollegin hat bereits erste Versuche damit gemacht, Briefe mittels KI zu verfassen.
Gefahren sehen die Bernerinnen im Bereich des Datenschutzes, aber auch in einer möglichen «Verdummung», wenn man «sich plötzlich zu sehr auf die KI verlässt und die kritische Hinterfragung - vielleicht auch aus Bequemlichkeit - je länger desto öfter weglässt.»
Dennoch zeigen die Rückmeldungen, dass vielen Teilnehmenden durch den Infotag die Angst vor KI genommen wurde. Einig sind sie sich aber auch, dass bei der Nutzung dieser neuen Möglichkeiten die nötige Vorsicht angebracht ist.
Was ist KI überhaupt?
Künstliche Intelligenz (KI) ist ein Oberbegriff für alle Computersysteme, die gelernt haben, menschliches, intelligentes Verhalten nachzuahmen. Sie können sich also an neue Situationen anpassen, selbst Entscheidungen treffen und dazulernen. KI, die auf Basis von Daten selbst Inhalte erzeigen kann, nennt man generative KI. Sie lernt dabei aus Milliarden von Büchern, Bildern oder Musikstücken und kombiniert diese Daten zu neuen Ausgaben. Die Antworten sind allerdings nichts wirklich Neues, sondern der Durchschnitt dessen, was die KI gelernt hat. ChatGPT (Generative Pretrained Transformer) ist ein KI-Sprachmodell, das nicht nur einzelne Worte verarbeitet, sondern deren Beziehungen im Kontext analysiert und daraus passende Antworten erzeugen kann. Quelle: SRF