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Sternentstehung: Naturwissenschaft fragt nach dem Wie und Wann. Foto: Hubble-Weltraum-Teleskop.

Altorientalische Schöpfungserzählungen

Während die Naturwissenschaft nach dem Wie und Wann der Entstehung fragt, suchen altorientalische Schöpfungserzählungen nach der Bedeutung und dem Wesen der selbst erfahrenen Wirklichkeit des Lebens.


Im gesamten Alten Orient und in der Antike gibt es zahlreiche unterschiedliche Schöpfungserzählungen mit vielfältigen Vorstellungen und Bildern. Die ausserbiblischen Schöpfungserzählungen sind teilweise viel älter als die Schöpfungserzählungen der Bibel, und es ist davon auszugehen, dass die Menschen, welche die Bibel schrieben, diese älteren Vorstellungen der Nachbarkulturen und -religionen kannten. Die  altorientalischen Schöpfungserzählungen sind eine Art Gleichnisse, die man so einleiten müsste: «Mit der Welt ist es wie mit …» Sie werden daher auch Mythen (Singular: Mythos) genannt, die – richtig verstanden – die erfahrbare Wirklichkeit durch Erzählungen vom Anfang, von der Urzeit, deuten wollen. 

Mythen

 Heute wird der Begriff «Mythos» meist negativ gebraucht. Zum einen wird der Ausdruck «Mythos» mit einem Lügengebilde gleichgesetzt, im Sinne von: Das hätte man gerne, dass es historisch so oder so gewesen wäre, aber die historische Wirklichkeit war eine ganz andere. Zum anderen wird «Mythos» in Bezug auf den Alten Orient oder die Antike abwertend verstanden im Sinne von: Die Menschen wussten es damals halt nicht besser.

 Beide Abwertungen verkennen die Bedeutung und den Sinn altorientalischer und biblischer Mythen: Mythologische Erzählungen beschreiben die wahrgenommene aktuelle Wirklichkeit mit Bildern und Erzählungen «vom Anfang». Mythen sind keine naturwissenschaftlichen Erklärungen, wie die Welt oder der Mensch etc. entstanden ist, sie stellen vielmehr eine literarische Gattung dar: Mythen befragen, reflektieren und deuten das Leben und die erfahrbare Wirklichkeit auf eine bestimmte Art und Weise, nämlich mittels «Urgeschichten». 

Menschliche Erfahrungen

 Menschliche Erfahrungen werden in den Mythen reflektiert. Mythen werden auch zu Hilfe genommen, das Unbekannte des Ursprungs zu deuten. Nicht selten werden dazu menschliche Erfahrungen beschrieben und auf die Anfänge, die Entstehung von Welt, projiziert: So gab es im Alten Orient und in Griechenland die Vorstellung, dass die Welt vergleichbar zu den Menschen und Tieren durch Zeugung und Geburt entstanden war oder dass die Welt vergleichbar mit menschlichem Handwerk von Göttern getöpfert und geformt wurde – so auch im biblischen Genesisbuch 2,4–24. 

Aber auch die Vorstellung, dass die Welt aus einem Kampf gegen das Urchaos heraus entstand, war verbreitet. Das biblische Buch Genesis 1 zeugt hingegen von der Vorstellung, dass Gott durch Sprechen die Welt erschaffen hat: durch sein gesprochenes Wort konnte etwas Wirkliches geschaffen und eine Änderung herbeigeführt werden. Aber auch in Ägypten und Mesopotamien glaubten die Menschen an die schöpferische Kraft von Gottes Wort – Gott spricht: «Es werde …» Und es wird. Wie gesagt, solche bildhaften Erzählungen sind nicht dümmlich oder naiv; sie sind vielmehr philosophisch-theologisch durchdachte antike Gleichnisse. Sie zeigen auf, wie die Welt ursprünglich gedacht war, und widerspiegeln, wie wir uns die Welt im Prinzip erhoffen – und letztendlich wünschen. 


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